DANTONS TOD
ZUM STÜCK
Dantons Tod ist Büchners erstes
Bühnenwerk.
Der 21jährige hessische Revolutionär
schrieb „Dantons Tod“ heimlich, jeden Tag seine Verhaftung erwartend. Mit
dem Honorar wollte er seine Flucht nach Straßburg finanzieren. Es
wurde 1835 als einziges zu seinen Lebzeiten gedruckt, mußte
jedoch an vielen Stellen geändert werden, weil der Verleger die Zensur
fürchtete. Er untertitelte eigenmächtig das Stück: "Dramatische
Bilder aus Frankreichs Schreckensherrschaft". Diese „buchhändlerische
Dreistigkeit“ hat später auf dem Theater Schule gemacht - inszeniert
wurde mit Vorliebe der verfälschende Untertitel.
Die entscheidenden Szenen des Dramas sind
leise und sensibel gezeichnet. Groß ist Büchner als menschenschaffender
Dichter, groß als Dichter der menschlichen Daseinsnot.
Gestützt auf viele historische Quellen
schildert Büchner die letzten Tage Dantons, der einst selbst den revolutionären
Terror organisiert hat; dann aber wegen seiner kompromißbereiten
Haltung in Konflikt mit den radikalen Jakobinern geraten war.
Mit Danton zeigt Büchner einen zerrissenen,
zum Fatalismus neigenden Charakter, wie er später im naturalistischen
Drama auftaucht:
Danton „Puppen sind wir, von unbekannten
Gewalten am Draht gezogen; nichts, nichts wir selbst!“
Büchner setzt in harten Schnitten
authentische politische Rhetorik und drastisch - volkstümliche, oft
sogar obszöne Ausdrucksweise gegenüber und erzielt so eine halluzinative
Bildlichkeit.
Wenn das Stück beginnt, liegt die
Revolution bereits im Sterben: Danton wird samt seiner Freunde Camille
und Herault auf dem Schafott enden, die Diktatur wird der Revolution folgen,
nichts kann diese Entwicklung aufhalten. Sie sind den Intrigen ihrer Gegenspieler
ausgeliefert: Robespierre, dem Moralisten ohne Güte, diesem sich im
Recht wähnenden, tragisch umwitterten „Blutmessias“, und St. Just,
dem skrupellosen Techniker des Schauprozesses, einem Scheinlogiker des
Terrors und mörderisch abstrakten Ideologen.
Danton, der Held der Revolution ist müde
geworden - nicht etwa aus moralischen oder ideologischen Gründen,
sondern er ist gepackt vom Ekel vor dem unausweichbaren, tragischen Zwang
des Menschen Schmerz erleiden und zufügen müssen, gebannt von
der Einsicht in das Nichts des menschlichen Daseins:
Danton „Das Nichts hat sich ermordet,
die Schöpfung ist seine Wunde, wir sind seine Blutstropfen, die Welt
ist das Grab, worin es fault.“
Als sich Dantons Lebenskraft gegen die
Sehnsucht nach dem Nichts noch einmal aufbäumt, als er von der Sterbensangst
gepackt wird, ist es zum Handeln zu spät. Er hat alle Warnungen, alle
Aufforderungen seiner Freunde und seiner Frau Julie sich zu retten in den
Wind geschlagen. Julie, einfach und schön wie eine Lilie, geht freiwillig
in den Tod: sie vergiftet sich.
Jeanne, die Wirtin faßt die Stimmung
dieses Stücks in einem Satz zusammen:
„Ja, die Welt ist eine dünne Kruste;
ich meine immer, ich könnte durchfallen, wo so ein Loch ist.“
ES IST DONNERSTAG ABEND...
...das
Schlimmste der Woche ist dann vorbei und ich freue mich auf die Proben
für „Dantons Tod“. Mein Bruder hat dann meistens auch seine beste
Laune und wir fahren zusammen zur Aula.
Die Stimmung in der Gruppe ist richtig
schön. Nach fast einer halben Stunde plaudern und einer kurzen
Besprechung
beginnen wir mit dem Stück und dem, was ich am Theater so mag:
dieses
Eintauchen in eine andere Welt. Es schweben tausend Gefühle in der
Luft und lassen eine Atmosphäre entstehen, wie ich sie nur vom
Theater
kenne. Ich werde für einen Augenblick von diesen Eindrücken
festgehalten.
Dann verwandele ich mich zu „Julie“. Ich erlebe Wut,
Trauer, Angst, Verzweiflung,
Liebe und Tod. Jeden Donnerstag sterbe ich wieder und jedesmal ist es
traurig
und schön zugleich. Jedoch erlebe ich jedes Mal auf eine Andere
Weise.
Meine Liebe zu Georges (Danton), die Freundschaft zu Lucille und
Camille
und die Wut auf St. Just und Robespierre, die meinen Geliebten
verurteilen.
Was mir bleibt, ist ihm in den Tod zu folgen. Ich hoffe, dass wir es
schaffen,
das Publikum in diese Welt eintauchen zu
lassen.
C.B.
ES SPIELEN:
JEANNE, Wirtin - DAGMAR VON FORSTNER
SIMON, Kellner - RENÉ WELFONDER
MARION, seine Frau - CHARLINE SCHNETGÖKE
ROSALIE, deren Freundin - MARIE
STURHAHN
Junger MANN - JÖRG HÖLLERICH
DANTON - FREDERIK GEISLER
JULIE, dessen Frau - CLARA BRÖRMANN
CAMILLE - MATHEUSZ PARZONKA
LUCILLE, dessen Frau - SARAH CHICOSI
HERAULT - GEORG BRÖRMANN
ST.JUST - DUSTIN PETERS
ROBESPIERRE - JÖRG HÖLLERICH
SOUFFLEUSEN : LISA FUCHS, VANESSA PETERS
TECHNIK : THOMAS ZIGAHN,
DAVID TRIEPEL, THOMAS JUNK
KÜNSTLERISCHE BEGLEITUNG :
KARIN KOSTER
TEXT & REGIE : JOCHEN K.GERBERDING